Lebensfreude

Für eine Partnerschaft stellt die Querschnittlähmung eine sehr große Herausforderung dar

 

Das komplette Leben ändert sich.

Anfangs muss evtl. das Haus oder die Wohnung behindertengerecht umgebaut werden. Die Arbeit, die der Betroffene hatte, kann er in vielen Fällen nicht mehr ausüben. Das heißt, er muss eine Umschulung machen oder er "rollt" in Rente und ist den ganzen Tag zu Hause. Regelmäßige Termine zu Ärzten oder zu Therapien müssen bewältigt werden. Kann der Betroffene nicht selber fahren, muss das Transportproblem gelöst werden. Frustration stellt sich häufig bei den Patienten ein, die den ganzen Tag zu Hause verbringen, da sie keine Aufgabe mehr oder wenig soziale Kontakte haben. Das Leben muss ganz neu geordnet werden und für den Partner ist das nicht weniger leicht als für den Betroffenen. Viele Paare trennen sich, da ein Zusammenleben wie es vorher war nicht mehr möglich ist. Häufig sind die Gründe dieselben, wie bei denen ein Partner arbeitslos ist und den ganzen Tag zu Hause verbringt. Ein weiterer Grund ist das veränderte Sexualleben.

 

Erfahrungen aus Gesprächen mit Betroffenen und deren Partnern

Wenn der Geschlechtsverkehr nicht mehr funktioniert, muss man realistisch sein. Inkontinenz kann Partnerschaften zerstören, muss sie aber nicht. Wichtig ist, darüber mit dem Partner zu sprechen und versuchen Lösungen zu finden. Für viele Probleme gibt es Lösungen. Manche Eheleute würden eher auf ein aktives Sexualleben verzichten, als auf eine intakte und erfüllende Beziehung. Der Betroffene muss eine ganz neue Beziehung zu seinem Körper finden. Er muss ein neues Körpergefühl entwickeln, aber auch versuchen, seinen neuen Körper anzunehmen. Das neue Leben wird begleitet von vielerlei Ängsten: Versagensängsten, da eine Erektion nicht lang genug ist, Minderwertigkeitsgefühle gegenüber Nichtbehinderten. Auch Probleme bei der Partnerfindung können zu Minderwertigkeitsproblemen führen. Die Betroffenen fühlen sich häufig als nicht begehrenswert oder sexuell unattraktiv. Mangelnde Kenntnisse über sexualbiologische Zusammenhänge und Möglichkeiten der Hilfe verstärken diese Ängste.

 

Vor dem eigentlichen Start ins neue Sexualleben sollte ein Beratungsgespräch mit einer Fachperson stehen. Ein weiteres Gespräch sollte dann mit dem Partner folgen. Auch wenn jetzt der Sex eine gewisse Vorbereitung (Blase und Darm entleeren, Potenzmittel nehmen usw.) braucht, sollte doch versucht werden, diese in ein Vorspiel einzubauen, und von Anfang an sollte der Spaß am Sex nicht zu kurz kommen. Es sollte herausgefunden werden, welche Stellungen noch möglich sind und welche Erwartungen die beiden Partner haben. Die motorischen Restfunktionen, die noch vorhanden sind, sollten auch genutzt und eingesetzt werden. Die Restsensibilität muss neu erforscht werden, was auch Freude bereiten kann. Der Orgasmus muss neu erforscht und empfunden werden. "Geh aus deinem Körper in deinem Kopf und stelle dir vor, wie schön es ist!". Der Orgasmus muss in den Kopf gebracht werden.

 

Quelle: Referat von Stefan-Riedl, Bad Wildungen den 28.11.04